Richtig gute Strategien

7 Kriterien für die erfolgreiche Strategieentwicklung

Was macht eigentlich eine gute Strategie aus? Eine wichtige Frage. Denn nicht überall, wo Strategie draufsteht, ist auch Qualität drinnen. Welche Qualitätskriterien können wir also an eine Strategie – etwa eine Kommunikationsstrategie – und an den Prozess der Strategieentwicklung anlegen?

Welches Ziel hat eine Strategie?

Darüber, was eine Strategie ist oder wie man sie gemeingültig definieren könnte, gibt es bereits unzählige Abhandlungen. Wir wollen uns dem abstrakten Begriff deshalb lieber von der Perspektive des Nutzens nähern. Mit anderen Worten: Welches Ziel hat eine Strategie bzw. deren Entwicklung? Denn erst wenn wir geklärt haben, wofür wir eine überhaupt Strategie benötigen, können wir festlegen, welche Qualitätskriterien wir anlegen sollten.

Am einfachsten lässt sich das Ziel von Strategieentwicklung, das Warum einer Strategie so beschreiben:

Ziel von Strategieentwicklung ist es, Entscheidungsvorlagen zu schaffen, mit denen alle Umsetzenden befähigt werden, in möglichst jeder Situation entscheiden zu können, wie sie handeln müssen, damit die Organisation ihre Ziele erreicht bzw. ihren Sinn verwirklicht.

Ein Strategiedokument liefert also vor allem Entscheidungsvorlagen und nur in geringerem Ausmaß die Entscheidungen selbst. So finden sich in der Organisationsstrategie die grundlegenden Ziele und Werte der Organisation. Die Organisationsstrategie legt aber nicht fest, wie oft bspw. ein Newsletter verschickt werden soll. Für solche Details gibt es der Organisationsstrategie untergeordnete Fachstrategien. Diese können wiederum in Taktiken oder Maßnahmenpläne ausdifferenziert werden, je nach Größe und Komplexität der Organisation.

Die in einer Strategie fixierten Entscheidungsvorlagen sollen zweierlei sicherstellen:

  1. Rückbindung aller Entscheidungen an die Ziele der Organisation. Diese Ziele sind immer Teil der Organisationsstrategie, meist in Form einer Vision. Für möglichst jede zu treffende unternehmerische Entscheidung soll mit Hilfe der Strategie also begründet werden können, warum die gewählte Handlung auf die Organisations-Vision einzahlt.
  2. Befähigung von Umsetzenden (Mitarbeitern oder auch Dienstleistern), möglichst viele Entscheidungen ohne Rücksprache mit Vorgesetzten treffen zu können. Das Strategiedokument ersetzt also (teilweise) das persönliche Feedback der Organisationsführung und erlaubt zugleich, im Anwendungsfall die fachspezifische Expertise einfließen zu lassen.

Was sind die Eigenschaften einer guten Strategie?

Wenn das Ziel von Strategieentwicklung ist, gute Entscheidungsvorlagen zu schaffen, dann können wir uns nun anschauen, welche Eigenschaften eine gute Strategie aufweisen sollte, um genau diese Funktion zu erfüllen. Einige dieser Qualitätskriterien beziehen sich eher auf die Funktionalität der Strategie als solcher, andere fokussieren auf den Prozess der Strategieentwicklung.

Die sieben Kriterien lauten Zielführung, Kohärenz, Stringenz, Transparenz, Replizierbarkeit, Messbarkeit, Adaptierbarkeit.

1. Zielführung

Eine gute Strategie enthält möglichst konkrete Ziele und zeigt den Weg dorthin auf.

Bei einer Organisationsstrategie ist das etwa die Vision, die einen gewünschten (gesellschaftlichen) Zustand wiedergibt, sowie die Mission, in der gezeigt wird, was die Organisation zur Erreichung beitragen kann (Geschäftsmodell) und wie sie das tun will (Werte, Unternehmensleitlinien). Die Organisationsstrategie erklärt also, warum es die Organisation überhaupt gibt – den viel beschworenen Purpose bzw. Sinn.

Bei einer untergeordneten Fachstrategie werden hingegen Zwecke definiert, die ihrerseits dazu beitragen sollten, dass die Organisationsziele erreicht werden. Im Falle einer Kommunikationsstrategie würde in den Zwecken also festgelegt, warum überhaupt kommuniziert wird (etwa um die Bekanntheit der Marke zu erhöhen und das Vertrauen in dieselbe zu stärken) und wieso das notwendig ist, damit die Vision der Organisation verwirklicht wird.

2. Kohärenz

Ein weiteres Kriterium für eine gute Strategie ist deren Kohärenz. Hierbei geht es darum, dass die Strategie – oder auch die Strategien – zusammenhängend ist bzw. sind. Es müssen sich also stets Bezüge zwischen allen Ebenen oder Modulen herstellen lassen. Jeder Aspekt einer Strategie beeinflusst unmittelbar oder mittelbar die anderen Aspekte.

Um Kohärenz bei der Strategieentwicklung zu gewährleisten, bietet es sich an, mit einem Framework oder Canvas zu arbeiten, da sich hier alle Bezüge abbilden, prüfen und ggfs. korrigieren lassen.

3. Stringenz

Gute Strategien sind zudem folgerichtig bzw. in sich schlüssig. Der Weg vom obersten Unternehmensziel bis zur einfachsten operativen Umsetzung sollte nachvollziehbar sein. Widersprüche sind zu beseitigen. Im Falle einer Kommunikationsstrategie muss etwa die Ansprache zur Zielgruppe passen und letztere sollte möglichst deckungsgleich mit den (potenziellen) Kunden des Unternehmens oder den Adressaten der NGO sein.

4. Transparenz

Für alle, die nach strategischen Vorgaben arbeiten sollen oder die an einer (Weiter-)Entwicklung der Strategie beteiligt sind, ist Nachvollziehbarkeit ein wichtiges Kriterium.

Wer auf Basis eines Strategiedokuments Entscheidungen treffen soll, muss zumindest verstehen, inwieweit die Strategie ihn befähigt bzw. ermächtigt, zu entscheiden.

Wer die Strategie entwickelt, muss nachvollziehen können, wie die strategischen Vorgaben zustande kommen (z. B. der Wertmaßstäbe der Organisation kennen) und wie sie zusammenhängen (etwa Prioritäten, Must-haves und No-Gos kennen).

5. Replizierbarkeit

Eine gute Strategieentwicklung ist deshalb wiederholbar, weil dies die Fortschreibung der Strategie ermöglicht, selbst wenn die Beteiligten der ursprünglichen Strategieentwicklung nicht mehr verfügbar sind.

Außerdem ermöglicht Replizierbarkeit die Ableitung von untergeordneten Fachstrategien und von Taktiken, da gleiche Maßstäbe oder Methoden angewendet werden können.

Replizierbarkeit einer Strategie ist nur auf Basis der zuvor besprochenen Transparenz möglich.

6. Messbarkeit

Gute Strategien oder die daraus abgeleiteten Taktiken legen Möglichkeiten zur Erfolgsmessung an. Denn wenn wir wissen wollen, ob strategische Entscheidungen richtig waren, ist es in der Regel besser, kurzfristiges Feedback zu erhalten und nicht erst auf langfristige Erfolge oder Misserfolge am Markt zu warten (agiler Ansatz mit iterativem Vorgehen vs. Wasserfall-Modell mit linearem Vorgehen).

Bei der Erfolgsmessung ist es allerdings wichtig, genau zu schauen, auf welche Aspekte sich das ermittelte Feedback bezieht: Wurde eine an sich gute Strategie nur unzureichend umgesetzt (operative Performance) oder wurden tatsächlich falsche strategische Entscheidungen getroffen (Widersprüche, Vorgaben, die nicht zu den verfügbaren Mitteln passen, etc.)?

7. Adaptierbarkeit

Eine Strategie ist in aller Regel kein in Stein gemeißeltes Dokument, das für immer gilt. Dafür sind heutige Märkte zu sehr in Bewegung (Stichwort VUCA-Welt – volatility / Flüchtigkeit, uncertainty / Ungewissheit bzw. Unsicherheit, complexity / Komplexität, und ambiguity / Mehrdeutigkeit).

Das Feedback der Erfolgsmessung sowie eine transparente und replizierbare Strategieentwicklung sind gute Grundlagen für eine anpassungsfähige Strategie. Darüber hinaus sollte deutlich werden, wie eine Strategie überhaupt angepasst werden kann (Prozess) und welche Auswirkungen die Änderung einzelner Aspekte auf alle anderen hat (Bezüge).

Die wohl wichtigste Frage ist aber, wann eine Strategie überhaupt adaptiert werden soll oder sogar muss. Welche äußeren (etwa Marktentwicklungen) und internen Kriterien (z.B. Feedback aus der Erfolgsmessung) sind notwendige bzw. hinreichende Auslöser für eine Adaption der Strategie?

Bei der Anpassungsfähigkeit der Strategie ist ein nicht ganz einfacher Mittelweg zu finden, der einerseits die Vision und die Werte der Organisation im Auge behält (Beständigkeit) und andererseits einen möglichst großen Kundenfokus gewährleistet (Agilität):

  • Ist eine Strategie zu beständig, verpasst die Organisation wichtige technologische, wirtschaftliche oder soziale Entwicklungen.
  • Ist die Strategie zu beliebig, lässt sich weder für Geschäftspartner noch Kunden noch Mitarbeiter erkennen, wofür die Organisation eigentlich steht bzw. was ihre Daseinsberechtigung ist.

Fazit und Praxisbezug

Qualitativ hochwertige Strategien zeichnen sich vor allem durch die hier erläuterten sieben Eigenschaften aus. Wenn wir diese Qualitätsmerkmale bei der Strategieentwicklung beachten, erhalten wir ein Strategiedokument, das alle Beteiligten befähigt im Sinne der Organisation sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus werden die Fortschreibung der Strategie und Ableitungen von passenden Fachstrategien und Taktiken vereinfacht – wenn nicht gar erst ermöglicht.

Wenn wir mit Strategien von Dritten zu tun bekommen, können wir die gleichen sieben Qualitätskriterien anlegen. Nur wenn die Strategie in allen sieben Dimensionen überzeugt, sollten wir sie anwenden und als gültige Entscheidungsvorlage akzeptieren.

Felix Schmidt

Über den Autor

Mein Name ist Felix Schmidt, ich biete Beratung, Training und Tools zur strategischen Kommunikation an. Auf dieser Website veröffentliche ich zudem zahlreiche Anleitungen und Ratgeber.

Mein Ziel ist es, dass die Kommunikationsbranche immer besser wird. Denn ich bin überzeugt davon, dass strategische Kommunikation mittelfristig Werbung überflüssig machen wird.

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2024-01-18T06:45:29+01:00
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